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Der ehemalige Olympia-Vermarkter spricht über die Spielehttp://2008.sina.com.cn 2008-08-08 18:30:42 german.china.org.cn
In einem Exklusivinterview mit China.org.cn gibt Michael Payne, Marketingleiter des International Olympic Committee (IOC) den Beijingern einen einfachen Tipp: "Nach all den anstrengenden Vorbereitungen, solltet ihr nun die Gäste mit einem Lächeln empfangen." Von David Ferguson, Beijing Damals sah es düster aus: Die Olympischen Spiele waren ein Spielball der internationalen Politik, und die Einnahmen konnten kaum die Ausgaben des IOC für die Organisation der Spiele decken. Keine Stadt war mehr daran interessiert, Olympische Spiele auszurichten. Das war vor 25 Jahren. Heute sieht die Situation anders aus. Olympia ist der größte und mächtigste Markenname der Welt geworden. Länder kämpfen erbittert um das Privileg, die Spiele ausrichten zu dürfen. Szenen von Freude und Triumph säumen jeweils die Nachricht, wenn eine Stadt für die Spiele ausgewählt wurde. Niemand kann diesen Wandeln besser erklären als Michael Payne, Autor des Buches, das im englischen Original "Olympic Turnaround" heißt. Er war der erste Marketingdirektor des IOC überhaupt. Gemeinsam mit seinem Team gelang es ihm, die olympische Krone wieder zum Glänzen zu bringen. Payne arbeitet zwar inzwischen freiberuflich als Marketing Consultant (unter anderem für die Organisatoren von Formel 1-Rennen), aber er ist noch immer eine Schlüsselfigur in der olympischen Bewegung und arbeitet weiterhin als Ratgeber für das IOC. Sein Buch ist voll von faszinierenden Anektoden, Einsichten und Informationen über die kommerzielle Entwicklung Olympias. Manche mögen ihn dafür kritisieren, dass er die Spiele zu sehr verkommerzialisiert habe. Aber wer ihn leidenschaftlich über die Bewegung sprechen hört, verliert schnell seinen Zynismus. In den 70er-Jahren war Payne selbst ein Sportler. Wie die meisten anderen gelang er aber nie auf den Gipfel. Und wie viele andere in solchen Fällen hat auch Payne erkannt, dass sein Talent wo anders verborgen lag: Im Finanzsektor. Er begann Sponsoren für seine Mitstreiter zu suchen. Und hier stellte er sich als einer der besten heraus. In den früher 80er-Jahren war die Olympische Bewegung auf ihrem Tiefpunkt. Seit 1972, als palästinensische Terroristen elf israelische Sportler getötet haben, waren die Spiele im Fokus der internationalen Politik. Auf das Boykott 1976 durch 17 afrikanische Länder, das eine Reaktion auf die sportlichen Beziehungen von Neuseeland mit dem Apartheidstaat Südafrika war, folgte ein aggressiver antisowjetischer Boykott in Moskau (1980) und die unvermeidbare Retourkutsche gegen Los Angeles vier Jahre später. Finanziell sah es genau so düster aus. Die Kosten für die Spiele in Montreal schwollen von den ursprünglich geschätzten 300 Millionen US-Dollar auf mehr als eine Milliarde an. Für die Stadt fielen Kosten von zwei Milliarden an. Die Spiele in Los Angeles wurden von einem privaten Konsortium bezahlt, weil sonst keine Stadt für die Spiele geboten hätte. Als Juan Samaranch 1980 zum IOC-Präsident gewählt wurde, hatte die Organisation nur noch gerade 200.000 US-Dollar in Cash und fast alle ihre Einnahmen gingen an die verschiedenen Organisationskomitees. Nun war Paynes Aufgabe, den lahmen Gaul in ein Rennpferd zu verwandeln. Eines der Schlüsselelemente war dabei das "Olympic Partner Programme". Bis zum Jahre 2008 sind die weltweiten Einnahmen aus dem Ausstrahlungsrechten gegenüber 1980 auf das 30-Fache gestiegen und liegen nun bei etwa drei Milliarden US-Dollar. Auch die Sponsoren zahlen viel mehr. Der Anteil der Sponsoren an den gesamten Einnahmen beträgt inzwischen etwa 40 Prozent. Den Machern wurde daher immer wieder vorgeworfen, ihre Idee auszuverkaufen. Payne sieht das nicht so: "Wenn man die gesamte Präsentation, das Image und die Marke Olympia kontrollieren muss, ist es wichtig zu verstehen, wieso die Spiele einzigartig sind und wieso sie mehr als bloßein Sportanlass sind – wieso diese Flamme so symbolisch ist. Auch wir haben dafür unsere Zeit gebraucht und haben entsprechende Standards verwirklicht. Zum Beispiel darf es in den Stadien oder auf der Kleidung der Athleten keine Werbung geben." In den frühen 80er-Jahren hätten alle gesagt, man müsse Werbung in den Stadien machen. "Wir sagten einfach nein", erklärt Payne. "Wir haben definiert, was unser Produkt ist und dann haben wir es verkauft – wir haben nicht zuerst Olympia verkauft und dann unsere Sponsoren gefragt, was sie wollen, was wir sind." Manche seiner Anektoden sind amüsant. Zum Beispiel die Geschichte mit der Leuchtreklame, die McDonalds so hinter dem Eingang des Stadions angebracht hatte, dass sie die Fernsehzuschauer jedes Mal sehen konnten, wenn ein Team ins Stadion lief. "Das betreffende Restaurant war mysteriöserweise geschlossen. Als die ankommenden Teams den Buchstaben D erreicht haben, ließich jemanden einbrechen und den Strom ausschalten. Zwei Stunden später kam eine Entschuldigung vom CEO, welcher nicht verstehen konnte, wie ein solcher Fehler habe passieren können..." Eines der größten Probleme sei "Ambush Marketing". Eine Praxis bei der Nichtsponsoren versuchen von Olympia zu profitieren. Ein Beispiel dafür ist der Nichtsponsor Nike. Der Slogan seiner Kampagne war: "You didn't win silver - you lost gold”. Das IOC fand, dass diese Kampagne genau ins Herzen eines der zentralen Werte der Olympischen Bewegung steche: Mitmachen ist alles. Das IOC nahm den Kampf mit Nike auf – genau wie dieses über die Medien. Beide Seiten waren nicht bereit, einen Kompromiss einzugehen. Aber am Ende war es Nike, welches aufgeben musste. China Youth Daily hat kürzlich eine Studie zitiert, wonach sich das Sponsoring der Spiele nur gerade für 30 Prozent der Firmen auszahle. Payne bestreitet das: "Solche Studien tun dem Ruf der entsprechenen Institute keinen Gefallen", schimpft er. "Sie verfehlen vollständig den Punkt, worum es beim Olympia-Sponsoring geht. Ihre Ergebnisse basieren darauf, wie viele Olympia-Sponsoren die normalen Leute auf der Strasse aufzählen können.”Dabei seien die Leute auf der Strasse oft gar nicht das Zielpublikum. "Für eine Firma, die sich vor allem um ihren Ruf gegenüber anderen Firmen bemüht, ist es unwichtig, ob sie die Leute auf der Strasse kennen oder nicht." Und selbst für Produzenten von Konsumgütern spiele dies keine Rolle. "Wichtig ist doch lediglich das Kaufverhalten im Supermarkt." Werbung mit Olympia sei eines der kräftigsten Werkzeuge. "Wenn das Sponsoring nicht funktionieren würde, wieso wollen dann die Top-Sponsoren jedes Jahr ihre Bemühungen erneuern?", fragt er. Die kommerziellen Bemühungen China sieht er als positiv. China habe einen unglaublich guten Job gemacht. Es habe mehr Einnahmen generiert als jedes andere Marketingprogramm. "Dies ist ganz klar ein Zeichen für die Größe des Landes und seiner wachsenden wirtschaftlichen Bedeutung", sagt Payne. Dabei seien die Olympischen Spiele schon früher oft ein Katalysator gewesen für die Entwicklung einer Marketing Industrie. Politik bleibt dabei aber unausweichlich ein Thema. China ist in den westlichen Medien oft dafür kritisiert worden, die Spiele zu politisieren. Dieser Vorwurf wirkt aber vor der Geschichte der 70er und 80er-Jahre etwas stark. Es war nicht China, welches den Fackellauf, das Podium, die Nationalhymen und die Nationalflaggen ins Spiel gebracht hat. Andere Staaten wie Amerika, die Sowjetunion oder DDR haben die Spiele oft selber als ein Symbol für ihre Kraft und die Überlegenheit ihres politischen Systems benutzt. Auch in dieser Frage ist Payne kategorisch: "In keinem Land ist alles perfekt. Jedes Land nutzt die Spiele für seine politischen Zwecke. Die Frage ist nur: Was ist legitim? Bei der Abschlussfeier ist es sicher noch zu früh, irgendwelche Schlüsse über politische Fragen zu ziehen. Erst in etwa zehn Jahren wird man in der Lage sein, die sozialen, wirtschaftlichen und politischen Einflüsse der Spiele auf China sauber zu analysieren", ist Payne überzeugt. Jeder, der in den letzten Jahren nach China gekommen ist, sei erstaunt darüber, wie stark sich das Land bereits gewandelt habe. Fraglich ist dabei allerdings, ob die Pressefreiheit auf der Strecke bleibt. Diesem Thema haben westliche Medien eine große Bedeutung beigemessen. Payne meint dazu: "Bei 13 der letzten 14 Spielen waren die Medien extrem aggressiv in den Monaten vor den Spielen. Es hießjeweils Stadien würden nie fertig, der Anlass werde ein Desaster, ethische Skandale läuten bereits das Ende von Olympia ein... Aber in jedem dieser Fälle wurden die Spiele nach der Abschlusszeremonie von den gleichen Medien gelobt." Insofern sei die jetzige kritische Berichterstattung "Business as usual". Zudem habe China wichtige Schritte gemacht und etwa den chinesischen Dienst von BBC World freigeschaltet. "Wenn dies nicht geschehen wäre, dann hätten wir wirklich Grund zur Kritik gehabt." Für die Chinesen hat Payne noch einen Tipp parat: "Nach all den anstrengenden Vorbereitungen, solltet ihr euch nun an den Spielen erfreuen und die Gäste mit einem Lächeln empfangen". |